Fehler, die neue Doulas machen
- Stephanie Johne
- 25. Juni
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Sept.
Im Jahr 2015, frisch meine klassische Doula-Ausbildung abgeschlossen, konnte ich (Shanay) es kaum erwarten, Familien zu begleiten. Ich war voller Leidenschaft und Tatendrang – und hatte das Glück, von schwangeren Freundinnen umgeben zu sein, was mir einen unerwarteten Vorsprung beim Start meiner Doula-Karriere verschaffte.
Damals hatte ich selbst noch nicht in Deutschland geboren. Denn meine erste Tochter kam in den USA auf die Welt. Während ich also voller Eifer war, andere zu unterstützen, musste ich mich gleichzeitig selbst in einem mir noch unbekannten geburtshilflichen System zurechtfinden. Erst 2019 und 2022, als meine beiden jüngeren Töchter in Deutschland zur Welt kamen, habe ich das System wirklich von innen heraus erlebt. Ich war mir sicher: Ich würde die Welt verändern – Geburt für Geburt.

Natürlich habe auch ich – wie viele neue Doulas – meinen Anteil an großen, demütigenden Fehlern gemacht. In diesem Beitrag teile ich typische Fehler, die viele neue Doulas machen – und wie du sie vermeiden kannst, wenn du in diese schöne und komplexe Arbeit einsteigst.
Wenn ich heute auf meine Anfangszeit zurückblicke, kann ich über manche Fehltritte lachen (und manchmal auch zusammenzucken). Diese Fehler haben mich nicht zu einer schlechten Doula gemacht – sie haben mich zu einer wachsenden Doula gemacht. Wenn du gerade erst beginnst, hoffen wir, dass dir diese Liste ein wenig Stress erspart und dir hilft, deine Praxis mit mehr Klarheit und Selbstvertrauen aufzubauen.
Hier sind häufige Fehler, die viele neue Doulas machen – und wie du sie vermeiden kannst, während du in deine Rolle hineinwächst.
Tipp #1 – Die eigenen Leistungen unterschätzen
Zu wenig verlangen oder zu viel kostenlos anbieten – aus dem Gefühl heraus, nicht gut genug zu sein (Impostor-Syndrom) oder aus Angst, potenzielle Klient*innen abzuschrecken.
Warum das wichtig ist: Es entwertet die ganze Berufung, führt zu Erschöpfung (Burnout) und zieht oft Klient*innen an, die deine Grenzen nicht respektieren.
Vermeide das, indem du:
Die aktuellen Preise in deiner Region recherchierst
Deine Zeit realistisch kalkulierst (Vorgespräche, Rufbereitschaft, Geburt, Wochenbett, Vertretungen, Kinderbetreuung, Miete usw.)
Übst, deine Preise selbstbewusst auszusprechen
Tipp #2 – Keine klaren Grenzen setzen
Auch nach 10 Jahren als Doula fällt mir das manchmal noch schwer – aber glaub mir: Je mehr Klient*innen du betreust, desto besser wirst du darin. Viele tolle Fortbildungen greifen dieses Thema auf, aber letztlich musst du eigene Erfahrungen machen. Oft wissen wir erst, was uns triggert, wenn es passiert.
Ein häufiger Fehler: Rund um die Uhr für nicht dringende Nachrichten, Anrufe oder emotionale Unterstützung erreichbar zu sein – besonders während der Rufbereitschaft.
Warum das wichtig ist: Es führt zu untragbaren Arbeitsbedingungen und verwischt die Grenze zwischen Unterstützung und Selbstaufopferung.
Vermeide das, indem du:
Erwartungen zur Kommunikation klar in deinem Vertrag oder deiner Vereinbarung festhältst
Vorlagen oder automatische Antworten für Wochenenden oder Nicht-Rufbereitschaft nutzt. (Ich benutze manchmal ein Zweithandy und eigene Klingeltöne für bestimmte Klient*innen.)
Wochenbett-Besuche bewusst planst, damit du genug Zeit für ihre Rückmeldungen hast
Tipp #3 – Die “Heldin“ bei der Geburt sein wollen
Sich zu sehr einmischen oder Situationen „retten“ zu wollen – manchmal auch unbewusst – und dabei in andere Rollen hineinzurutschen. Das ist nicht deine Geburt. Wir müssen niemanden „retten“ oder „reparieren“.
Warum das wichtig ist: Doulas arbeiten nicht medizinisch. Wenn wir uns einmischen, kann das das Verhältnis zum Geburtsteam belasten, Risiken für dich oder deine Klientin schaffen und Vertrauen zerstören – nicht nur in dich, sondern auch in den Doula-Beruf insgesamt. Außerdem kann es dazu führen, dass sich deine Klientin machtlos fühlt.
Wir sprechen nicht für unsere Klientinnen – wir stellen Fragen wie:
„Fühlst du dich damit wohl?“
„Wollen wir dazu eine Frage stellen und unsere BRAINS benutzen?“
„Möchtest du mehr Informationen dazu?“
Vermeide das, indem du:
Deinen Aufgabenbereich kennst: körperliche, emotionale und informative Unterstützung
Advocacy praktizierst, die die Stimme der gebärenden Person in den Mittelpunkt stellt – nicht deine
Vertrauensvolle Beziehungen zum Klinikpersonal aufbaust
Tipp #4 – Ohne klaren Vertrag starten
Ohne schriftliche Vereinbarung zu arbeiten – ohne klare Infos zu Umfang, Stornierungen, Rückerstattung und Vertretung – ist ein häufiger Anfängerfehler.
Dieses Berufsfeld ist herzgeführt, und viele neue Doulas kommen aus einem tiefen Wunsch heraus, zu dienen. Aber sobald Geld fließt, ist es auch ein Business. Wichtig ist, Mitgefühl mit Professionalität zu verbinden – die emotionale Tiefe der Arbeit zu würdigen und gleichzeitig klare, respektvolle Rahmen zu schaffen.
Warum das wichtig ist:
Ohne Vertrag kann es zu Missverständnissen, Nichtzahlung oder grenzüberschreitendem Verhalten kommen.
Vermeide das, indem du:
Immer einen Vertrag verwendest – auch bei Freund*innen oder Community-Geburten. Auch bei Energie- oder Tauschvereinbarungen: schriftlich festhalten!
Klar angibst, was enthalten ist, welche Grenzen du hast, welche Kosten entstehen und wie die Vertretung geregelt ist
Tipp #5 – Die eigene Selbstfürsorge vernachlässigen
Kein eigenes Unterstützungssystem, zu viele Geburten hintereinander, zu wenig Zeit zur Verarbeitung nach schwierigen Geburten. Ich war zeitweise alleinerziehende Mutter und neue Doula – das war eine Schule fürs Leben!
Mitgefühlsermüdung (compassion fatigue) und Burnout sind reale Risiken in der Geburtsarbeit. Auch wenn wir selbst entscheiden, wie viele Geburten wir begleiten, sind wir dennoch oft die wichtigste emotionale Stütze – für die gebärende Person und deren Partner*in.
Vermeide das, indem du:
Eine monatliche Geburten-Obergrenze setzt (z. B. max. 2–3)
Schwierige Erfahrungen mit Kolleginnen oder Mentor*innen reflektierst
Eine verlässliche Vertretung hast, damit du dich ausruhen kannst, wenn nötig
Ein kleines Ritual oder eine Selfcare-Routine nach jeder Geburt etablierst
Tipp #6 – Zu allem “Ja“ sagen
Am Anfang habe ich zu jeder Anfrage Ja gesagt. Ich war einfach begeistert, dass jemand mich bei einem so intimen, kraftvollen Moment dabeihaben wollte. Was ich anfangs nicht verstanden habe: Das Vorgespräch ist ein beidseitiges Kennenlernen, kein Bewerbungsgespräch, bei dem ich “genommen“ werden will.
Auch für dich muss es passen. Heute höre ich viel mehr auf mein Bauchgefühl, besonders wenn im Erstgespräch etwas “komisch“ wirkt. Eine wichtige Änderung: Ich bitte darum, dass derdie Partnerin beim Gespräch dabei ist – das gibt mir ein Gefühl für die ganze Dynamik und sorgt für mehr Klarheit auf beiden Seiten.
Tipp #7 – Es als Hobby sehen statt als Beruf
Anfangs habe ich meine Doula-Arbeit nicht wie ein richtiges Business behandelt. Ich hatte Angst, ob es wirklich klappt, und viele von uns müssen anfangs nebenbei noch anderen Jobs nachgehen. Ich dachte, ich würde mir alle wichtigen Details merken … Spoiler: habe ich nicht. Und in der Steuerzeit hatte ich keine Fahrtenbuch, keine Übersicht über Ausgaben, keine Struktur.
Heute bin ich viel organisierter – nicht nur wegen der Finanzen, sondern auch, um meine Klientinnen besser zu unterstützen. Ich dokumentiere nach jedem Treffen und jeder Geburt die wichtigsten Infos und halte alles aktuell, falls eine Vertretung einspringen muss (danke Google Docs!).
Ein Business-Mentor hat mir sehr geholfen – das empfehle ich jeder neuen Doula, oder zumindest eine gute Buchhaltungs-App!
“Niemand hat genau deine Geschichte, deine Stimme oder deine Präsenz. Du bringst etwas Einzigartiges in den Geburtsraum – einfach, weil du da bist. Bleib neugierig, lerne weiter und vertraue darauf, dass Erfahrung mit der Zeit wächst“.
Tipp #8 – Sich mit anderen Doulas vergleichen
Beim Scrollen auf Instagram oder in Austauschgruppen ist es leicht, das Gefühl zu bekommen, alle anderen seien erfahrener, sicherer oder „qualifizierter“. Als ich Doula wurde, gab es in meiner Stadt nur fünf englischsprachige Doulas – und kein Instagram. Nur Facebook-Gruppen für Eltern, in denen ich geworben habe. Ich fühlte mich fehl am Platz: Die anderen waren älter, erfahrener … aber ich war Mutter und ging meinen eigenen Weg. Ich habe Flyer verteilt, E-Mails geschrieben und mit allen vernetzt, die ich erreichen konnte.
Dieser Vergleich bringt nichts – er führt nur zu Selbstzweifeln.
Tipp: Denk daran: Niemand hat deine Geschichte, deine Stimme, deine Art. Du bringst etwas Besonderes in die Geburtsarbeit – einfach, weil du du bist. Bleib neugierig, wachse weiter, und vertraue darauf, dass mit der Zeit auch die Sicherheit wächst.
Jede Doula fängt irgendwo an – und Fehler gehören zum Weg dazu. Aber du musst nicht alle selbst machen, um zu lernen. Ich hoffe, diese Tipps helfen dir, dich besser vorbereitet, geerdeter und gestärkter zu fühlen, während du in diese wichtige Rolle hineinwächst.
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